Dienstag, 22. Oktober 2013

Der Blick von der Seite

Mathe wird mir zu viel. Ich schalte ab. Da bin ich ja nicht die Einzige. Ich lasse meinen Blick durch die Bänke schweifen... Niemand folgt mehr unserem hochmotivierten Mathelehrer, bis auf eine, die ihm förmlich an den Lippen hängt. Er ist jung, sieht nicht schlecht aus, und deshalb glaub ich auch nicht, dass sie ihm folgen kann, denn so wie sie ihn anstarrt, denkt sie vermutlich an nicht ganz jugendfreie Szenen, in denen Kreise, Kugeln und Volumenberechnungsformeln höchstwahrscheinlich keine Rolle spielen.
Jeder tut etwas anderes. Eigentlich. Zumindest von den Jungs. Doch die Mädchen tun im Grunde alle dasselbe. Sie mustern.
Sie mustern jeden. Von oben bis unten. Verziehen das Gesicht, kräuseln die Nase. Sobald sie etwas entdecken, was ihnen an ihrer Beobachtungsperson negativ auffällt, grinsen sie fies und hämisch in sich hinein. Dann greifen sie sich in die Haare, ob auch bei ihnen selbst ja alles richtig sitzt und suchen sich ein neues Opfer. Es gibt niemanden, der den kritischen Blicken entgehen kann. Die einzige Möglichkeit, sie abzuwenden, ist ein Blick zurück. Direkt in die Augen. Ein Lächeln. Das verunsichert die Beobachterin. Sie wendet sich ab. Doch sie wird es weiter versuchen. Und irgendwann wird sie etwas finden.
Es ist das gleiche, Tag für Tag. Der Blick von der Seite ruht auf dir. Egal von welcher Art. Bist du beliebt, ist ein neidischer, eifersüchtiger Blick, mit unheimlichen Funkeln in den Augen, bist du unbeliebt, ist ein hämischer, schadenfreudiger Blick, der von Selbstbewusstsein nur so strotzt.
Ich kann dir nur eins raten: Schau zurück, lächel. Oder ignoriers. Aber muster niemals niemals zurück. Denn sie werden sich darüber den Mund zerreißen, "Schau mal die guckt". Um sich selbst wohl zu fühlen.

L.

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